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Nachhaltig vs. Regenerativ  – Ein Wandel im Denken

Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren ein zentraler Begriff in der Diskussion um Umwelt- und Klimaschutz. Doch in letzter Zeit taucht vermehrt ein neues Schlagwort auf: „regenerativ“. Was genau bedeutet das, und wie unterscheidet es sich von dem, was wir als nachhaltig verstehen?

In diesem Beitrag möchte ich den Unterschied zwischen nachhaltigen und regenerativen Ansätzen verdeutlichen und zeigen, warum der Übergang vom bloßen Erhalten hin zum Wiederherstellen von Ökosystemen und Ressourcen so unheimlich wichtig ist. Am Ende findest du noch einen Buchtipp, wenn dich dieses Thema interessiert.

Auch in meinen Beiträge wirst du sehr häufig das Wort Nachhaltigkeit lesen, obwohl mein Ziel eigentlich regenerativ ist. Tatsächlich ist unser derzeitiger Lebensstil eher auf ausbeuten ausgelegt, als auf nachhaltig oder gar regenerativ. Das macht es extrem schwer sich innerhalb unserer gesellschaftlichen Grenzen regenerativ zu verhalten. Außerdem erfordert regeneratives Denken eine komplette Lebensumstellung und ja, sogar ein komplett anderes Mindset.

Was bedeutet „Nachhaltig“?

Der Begriff „nachhaltig“ bedeutet im Kern, dass etwas so genutzt wird, dass es zukünftigen Generationen erhalten bleibt. Im Umweltkontext bedeutet das, Ressourcen in einem Maß zu verwenden, das sicherstellt, dass sie nicht erschöpft werden. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen Verbrauch und Regeneration zu schaffen, sodass natürliche Systeme im Gleichgewicht bleiben.
Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gebracht – von erneuerbaren Energien über umweltfreundliche Materialien bis hin zu Recycling-Systemen, die dazu beitragen, Ressourcen zu schonen.

Jeder bewusst getätigte Einkauf kann schon nachhaltig sein, wenn wir z.B. darauf achten exotische Lebensmittel oder Dinge nur mit dem FAIRTRADE Logo zu kaufen. Und ich sage hier bewusst, da man heute schon 2x hinschauen sollte, ob jemand nur das Logo missbraucht oder ob es wirklich aus FAIRTRADE Produktion stammt. Das erfordert vielleicht ein bisschen mehr Zeit, lohnt sich aber. FAIRTRADE Projekte unterstützen häufig lokale Gemeinschaften, deren Lebensqualität sich durch den Kauf verbessert.

Die Grenzen der Nachhaltigkeit

So wichtig die nachhaltigen Ansätze auch sind, sie stoßen oft an Grenzen. Das liegt daran, dass Nachhaltigkeit häufig darauf ausgerichtet ist, den Status quo zu bewahren. Wir versuchen, unseren ökologischen Fußabdruck zu minimieren, ohne jedoch den Schaden rückgängig zu machen, den wir bereits angerichtet haben.
Zum Beispiel zielt nachhaltige Landwirtschaft darauf ab, die Böden nicht weiter auszubeuten, aber sie stellt die Nährstoffe, die bereits verloren gegangen sind, nicht wieder her. In vielen Bereichen, wie etwa dem Klimawandel oder der Biodiversitätskrise, reicht es jedoch nicht mehr aus, nur zu erhalten – wir müssen aktiv regenerieren.

Was bedeutet „Regenerativ“?

Regenerative Ansätze gehen über die bloße Erhaltung hinaus. Sie zielen darauf ab, beschädigte Ökosysteme wiederherzustellen und sogar zu verbessern. Im Zentrum steht die Idee, dass wir der Erde nicht nur weniger Schaden zufügen sollten, sondern aktiv dazu beitragen müssen, sie zu heilen.
Ein gutes Beispiel ist die regenerative Landwirtschaft, die darauf abzielt, Böden nicht nur zu schonen, sondern ihre Fruchtbarkeit zu verbessern, indem natürliche Prozesse wie Humusaufbau gefördert werden. Diese Praxis verbessert die Gesundheit der Böden, bindet CO2 und fördert die Biodiversität.

Die meisten von euch haben schon mal von Terra Preta gehört, oft als „Schwarze Erde“ bezeichnet, es ist ein bemerkenswertes Bodenverbesserungsmittel mit Ursprung in den Amazonasgebieten Südamerikas. Diese außergewöhnlich fruchtbare Erde wurde über Jahrhunderte von indigenen Völkern gepflegt und gilt als ein herausragendes Beispiel regenerativer Landwirtschaft. Noch heute profitiert der Boden von der eingebrachten Terra Preta.

Es ist ein Leben in Kreisläufen und es betrifft nicht nur die Landwirtschaft. Grüne Hausdächer verbessern die Luftqualität, fördern die Biodiversität in städtischen Gebieten und tragen zur Wärmeisolierung bei. Sie sind Lebensräume für viele Insekten und somit auch Vögeln. Der Anbau von Nahrungsmitteln in Städten fördert die lokale Versorgung, reduziert Transportwege und verbessert das Mikroklima in städtischen Gebieten. Durch die Wiederherstellung von Flussläufen und Auenlandschaften wird das ökologische Gleichgewicht gefördert, die Biodiversität erhöht und Überschwemmungsrisiken reduziert (Renaturierung). Das Anlegen von essbaren Wäldern, die nicht nur Nahrung liefern, sondern auch Lebensräume schaffen und zur Bodengesundheit beitragen. Und und und, ich glaube das ist ein Thema für einen extra Beitrag.

Regenerativ kann immer nur langfristig geplant sein.

Nachhaltig vs. Regenerativ – Die Unterschiede

Während Nachhaltigkeit darauf abzielt, negative Auswirkungen zu minimieren, setzt die regenerative Philosophie auf positive, wiederherstellende Prozesse. Nachhaltige Ansätze fokussieren sich oft auf Effizienz und Schonung, während regenerative Ansätze auf Wiederherstellung und langfristige Resilienz abzielen.

Hier eine kurze Gegenüberstellung:

  • Nachhaltigkeit: Bewahrung des Status quo, Vermeidung von Verschlechterung, Fokus auf Effizienz und Minimierung von Ressourcenverbrauch.
  • Regenerativ: Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, Verbesserung des Status quo, Förderung von natürlichen Prozessen zur Heilung der Umwelt.

Warum der Wechsel zu regenerativen Ansätzen notwendig ist

Wir befinden uns an einem Punkt, an dem der bloße Erhalt unserer natürlichen Ressourcen nicht ausreicht. Die ökologischen Schäden, die bereits angerichtet wurden – von der Entwaldung über die Verschmutzung der Meere bis hin zum Rückgang der Artenvielfalt – erfordern einen aktiven Wiederaufbau.

Regenerative Systeme zielen darauf ab, den Zustand der Umwelt zu verbessern, anstatt nur weiteren Schaden zu verhindern. Sie bieten die Möglichkeit, widerstandsfähigere Ökosysteme aufzubauen, die nicht nur zukünftigen Belastungen standhalten, sondern sogar gedeihen können.

Wie du regenerativ leben kannst

Auch im Alltag kann der Wechsel zu regenerativen Ansätzen geschehen. Ob im Garten durch Permakultur, in der Ernährung durch die Wahl regenerativ angebauter Lebensmittel oder durch die Unterstützung von Projekten, die die Umwelt wiederherstellen – es gibt viele Möglichkeiten, einen positiven Beitrag zu leisten.

Aber wie bereits erwähnt, ist es nicht einfach. Ich möchte an dieser Stelle gerne einen Auszug aus einem Interview mit dem absoluten Verfechter einer neuen Welt, Humanökologe und evolutionärer Mediziner, Autor von „Das leise Sterben“ (Wissenschaftsbuch des Jahres 2020), „Das unsichtbare Netz des Lebens“ und „Regenerativ“ – Prof. Mag. Dr. Dr. med. univ. Martin Grassberger – anbringen.

Das Zentrale ist ganz tief anzusetzen, sich die wesentlichen Fragen zu stellen – das führt zu einem Paradigmenwechsel. Der Mensch des 21. Jahrhunderts sieht sich selbst getrennt von der Natur, als Beherrscher von natürlichen komplexen Systemen, hat Allmachtsphantasien. Die Natur wird von manchen ja sogar als feindlich wahrgenommen. Wir müssen erkennen, dass der Mensch Teil der Natur ist, dass wir selbst diese „Natur“ und „Umwelt“ sind. Die Erkenntnis, dass man Systeme nicht dominieren kann, dass man nur mit den natürlichen Systemen der Erde und nicht gegen sie arbeiten kann, mag anfangs schmerzlich sein – aber wir können sie nur betrachten und verstehen, wie sie funktionieren, um danach zu suchen, wo es Parallelen gibt, in dem was wir wollen. Ob wir „mit ihnen tanzen“ können, wie Donella Meadows gesagt hat.

„Das Anspruchsdenken, sich das – diesen Urlaub, das Auto, diese Unterhaltungselektronik – erarbeitet und erwirtschaftet zu haben, hilft uns nicht.“

Dazu muss man tief eintauchen: Was sind komplexe Systeme, wie funktionieren sie, wie sind sie organisiert, was ist Emergenz und emergentes Verhalten? Wie funktionieren Ökosysteme in diesen adaptiven Zyklen? Und wenn man das mal verstanden hat, dann erkennt man plötzlich viele Parallelen in unserem Leben, in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, dann kann man ziemlich nüchtern zur Kenntnis nehmen, was notwendig ist.

Regeneratives Denken und Handeln ist ja nicht nur eine neue Methode, mit der wir glauben, unsere Probleme zu beseitigen. Wir denken ja viel zu viel in Problemen. Es ist eine völlig kommen neue Sicht auf das Leben – sich als Teil der Natur und als Partner in der Natur zu sehen. Zu erkennen, was wir Positives bewirken können, wie wir in Renaturierungen sehen. Auch Renaturierung heißt noch nicht, dass sich der Mensch als Teil der Natur sieht, sondern nur dass er  Maßnahmen setzt, weil er erkannt hat, dass er den Schaden beheben muss, damit es weitergehen kann. Aber die Denkweise ist immer noch die alte – nur im regenerativen Denken, sehen wir uns selbst als Teil dieses Systems. Das ist eine ganz andere Perspektive und ein wirklicher Paradigmenwechsel, wie es die Erkenntnis des heliozentrischen Weltbildes war.

Quelle und weitere interessante Fragen/ Antworten.

Kurz gesagt, wir müssen einfach wieder ein Teil der Natur werden, unseren Platz einnehmen, den wir seit hunderttausenden von Jahren in dieser Welt hatten. Der Mensch ist nicht zum Herrschen geboren, er ist ein Lebewesen das ohne diese ganze Struktur niemals hätte entstehen können. Wir sind nicht abgekoppelt von allem Übrigen. Wir SIND Leben, wir SIND ein lebendiger Organismus in einer lebendigen, vielfältigen Welt. 

Buchtipp:

Das neue Paradigma lautet: „Regenerativ“.

Wir leben in einem Zeitalter, in dem wir uns mit unlösbar scheinenden Problemen konfrontiert sehen, die auf eine zunehmende Entfremdung des Menschen von der Natur und von sich selbst zurückzuführen sind. Mit Nachhaltigkeit, Faktenwissen und technischen Innovationen alleine können wir diese Entwicklung nicht aufhalten. Ein Paradigmenwechsel steht an: das Regenerativ. Als Vorbild dienen die Prozesse und Prinzipien der Natur selbst, von der kleinsten Zelle bis zu den großen Ökosystemen. Sie sind Zeugnisse einer Milliarden Jahre andauernden Evolution zu selbstorganisierten, resilienten Systemen. Auch der Mensch ist Teil davon. Grassberger zeigt, wie ein fundamentaler Wertewandel menschliche Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft regenerieren kann, damit diese langfristig gedeihen können.

Fazit:

Der Übergang von Nachhaltigkeit zu regenerativen Ansätzen ist nicht nur ein Schritt nach vorne, sondern eine notwendige Antwort auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen. Während Nachhaltigkeit darauf abzielt, unseren Planeten zu erhalten, bietet die regenerative Philosophie die Chance, ihn zu heilen und zu verbessern. Indem wir unser Denken und Handeln von „Erhalten“ zu „Wiederherstellen“ verlagern, können wir aktiv zur Erneuerung der natürlichen Welt beitragen und eine widerstandsfähigere Zukunft für uns alle schaffen.

Foto:
pixabay.com/ CharlVera

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